Donnerstag, 22. September 2016

Prüfung Rentenbescheid - Deutsch-Polnisches Abkommen

Ein Fall aus der Praxis:

Anfang April besuchte mich ein Mandant mit der Bitte seinen Rentenbescheid auf dessen Richtigkeit rechnerisch zu überprüfen. Vorgelegt wurden mir hierbei eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 11.09.2015 und ein Rentenbewilligungsbescheid der gleichen Behörde vom 29.03.2016.

Bereits auf dem ersten Blick konnte dabei erkannt werden, dass zwischen der Auskunft vom September 2015 und dem Bescheid vom März 2016 eine erhebliche Abweichung im Rentenbruttobetrag ersichtlich war. Mit Auskunft wurde dem Versicherten mitgeteilt, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zum September 2015 brutto 1.696,46 Euro monatlich betragen würde. Mit Rentenbewilligungsbescheid vom 29.03.2016 wurde dem Versicherten ab 1.05.2015 jedoch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von nur noch monatlich 1.524,79 Euro brutto gewährt. Damit also monatlich 171,67 Euro weniger als zuvor behördlich ohne Rechtsverbindlichkeit ausgegeben.

Nach Prüfung des Bescheides konnte auch der Fehler unmittelbar ermittelt werden. Bei der Berechnung der Entgeltpunkte für die nachgewiesenen Zeiten nach deutsch-polnischem Rentenabkommen hat die Behörde eine Kürzung um 0,7 durchgeführt. Diese Kürzung war entsprechend der rechtlichen Vorschriften aufzuheben und die Rente neu zu berechnen. Im Widerspruchsverfahren wurde gegenüber der Behörde namens und im Auftrag meines Mandanten dementsprechend begründet. 

Mit Bescheid vom 14.07.2016 hat die Deutsche Rentenversicherung den Rentenbescheid korrigiert und dem Widerspruch abgeholfen. Die monatliche Bruttorente des Versicherten beträgt somit ab dem 1.05.2015, begründet mit einem Leistungsfall / Eintritt der Erwerbsminderung zum 8.10.2014, fortan 1.630,85 Euro und nach Rentenanpassung zum 1.07.2016 gar 1.735,73 Euro. Dies entspricht centgenau dem ermittelten Rentenbetrag aus der rechnerischen Bescheidprüfung (siehe Foto). Unser Mandant erhält neben der nun deutlich höheren Monatsrente auch eine Nachzahlung von insgesamt 1.838,36 Euro. Die Kosten der Bescheidprüfung als auch für das durchgeführte Widerspruchsverfahren haben sich in diesem Fall durchaus gelohnt, und dabei steht die sachliche Prüfung der Versicherungszeiten noch aus...

Dienstag, 6. September 2016

Pflegegeld auch ins Ausland?

Wer kennt ihn nicht, den "Gastarbeiter", der in den 60er Jahren nach Deutschland gekommen ist, Familie gegründet hat und bei Erreichen des Rentenalters wieder zurück in die alte Heimat zog? Oder den Deutschen, der seinen Ruhestand teilweise oder auf Dauer unter der Sonne Spaniens verbringt?

Was passiert denn nun, wenn eine dieser Personen im Ausland (EU, EWR oder Schweiz) lebend zum Pflegefall wird? Hat diese Person mit seinen Deutschen Rentenbezügen dann auch Anspruch auf Pflegegeld?

Der EuGH sagt ja, zumindest unter bestimmten Voraussetzungen. Eine Deutsche Kranken- bzw. Pflegeversicherung muss auch bei Verzug ins Ausland, z.B. über den Bezug einer Rente (KVdR), gezahlt werden. Viele Rentner verbringen ihr Lebensalter in der "alten" oder "neuen" Heimat. Hierbei bleibt aufgrund der Deutschen Rente die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner erhalten, wenn im Ausland keine vergleichbaren Bezüge gezahlt werden und somit kein Versicherungschutz im ausländischen Wohnland besteht. Wird nun eine solche Person zum Pflegefall, so kann es durchaus sein, dass ein Anspruch auf Pflegegeld besteht.

Ein weiterer Vorteil: Wer einen Angehörigen, der als pflegebedürftig anerkannt ist, wöchentlich mindestens 14 Stunden betreut, erwirbt dadurch unter Umständen ebenfalls Rentenansprüche aus der Deutschen Rentenversicherung. 

Kennen Sie jemanden oder haben Sie Fragen zu diesem Thema? Scheuen Sie sich nicht davor uns zu kontaktieren.

Donnerstag, 1. September 2016

Macht ein Verschlechterungsantrag bei Schwerbehinderung denn immer Sinn?

2011 konnte im Wege eines Widerspruchsverfahrens die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung von insgesamt 60 erzielt werden.

Für meine Mandantin war das damals von großem Interesse und großer Bedeutung, da Sie dadurch auch einen vorgezogenen Altersrentenbeginn mit deutlich geringeren Rentenabschlägen erzielen konnte. Zusätzlich gab es entsprechend steuerrechtliche Vorteile.

Anfang 2016 besuchte mich meine Mandantin erneut. Ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert und Sie beabsichtige einen Änderungsantrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen. Vor allem ein Schlafapnoe-Syndrom mache ihr zu schaffen.

Nach eingehender Prüfung musste meiner Mandantin von ihrem Vorhaben abgeraten werden. Der bereits anerkannte Gesamt-Grad der Behinderung von 60 sei unter Berücksichtigung der bereits anerkannten Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, der entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Gelenke (Fibromyalgiesyndrom), der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Depression großzügig bewertet.

Ein Schlafapnoe-Syndrom mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung bedingt einen Einzel-GdB von 20. D.h., dass nach der vorliegenden Kalkulation der Gesamt-GdB zwar geringfügig ansteigen, jedoch sich der Gesamt-Grad eher nicht verändern würde.

Von einem Antrag sei vor allem auch im Hinblick einer Prüfung der bislang festgestellten Behinderungen, aufgrund mangelnder engmaschiger Behandlung bei den Fachärzten, abzuraten.

Haben Sie auch eine Behinderung und fragen sich, ob die Höhe des Grades der Behinderung richtig ermittelt wurde? Gerne bin ich Ihnen bei der Beantwortung Ihrer Fragen behiflich.